Vincent Moon filmt die Musik der Welt

Ich war beeindruckt, als ich kürzlich das auf TED empfohlene Video von Vincent Moon ansah. Der Einführungstext schien vielversprechend. Filmemacher, reist durch die Welt, nimmt überall Musiker an ungewöhnlichen Spots auf, im Alleingang, nur mit Kamera und Tonaufnahmegerät. Anschließend gibt er das Material den Gefilmten. Damit ihre Nachfahren sagen können: „Wow, mein Opa war so cool wie Beyoncé.“

Produktionsteams, die Musiker bei ihrer Performance filmen, sprießen gerade zuhauf. Sie kommen mit mehreren Kameras, umringen die Musiker und schneiden das Material anschließend zu einem multiperspektivischen Gesamtkunstwerk zusammen. Aber dieser Vincent Moon scheint anders als die Anderen zu sein. Er vermeidet Schnitte, filmt mit leichtem Tele, hat eine besondere Art der Nachbearbeitung (analoges Feeling). Sein Erfolg gibt ihm Recht. Er hat schon für den ein oder anderen Großen der Branche gefilmt und 2008 einen Dokumentarfilm über die Investitionen Coca Colas in Afrika gemacht.

Das zweite Lied im folgenden Clip der ukrainischen Band Dakha Brakha aus Kiev gefiel mir besonders gut.

Filmposter Analyse

Eine interessante Analyse der Filmposter-Welt.

Endlich gut

Diese Sendung war richtig gut. Und das dachte ich schon, bevor es Charlotte am Ende aussprach.

In der vierten Sendung hat sich das am 4.03.12 gestartete neue Talkshowformat „Roche und Böhmermann“ zu einer ernstzunehmenden Unterhaltungssendung gemausert. Kurz umrissen: Das Bo hat eine super stabile Figur abgegeben, der Ochsenknecht war grün aber lustig, Kim erfrischend zurückhaltend, Jutta hat ordentlich vom Leder gezogen, Björn der Geldgast blieb ehrlich, Jan professionell wie nie, pointiert und ungesteltzt. Die neuen Funktionen beim Knopf in der Mitte, Halligalli aus Dosen, war beeindruckend. Das Timing der Sendung stimmte, Inhalte und Niveau waren vorhanden, Nächstenliebe, Offenheit und Witz wurden von mir nicht vermisst. Das war gute Unterhaltung.

ZDF Kultur – Roche und Böhmermann

Ich habe mir die Talk Sendung mit Charlotte Roche und Jan Böhmermann vom gestrigen Tag, dem Sonntag 04. März online angesehen. Mir gefiel das Format. Die Gäste unterschiedlichster Herkunft – Deutsch Rapper, Türsteher, Talkshowhost, Parteigröße, Catwalk Trainer – unterhalten sich ungezwungen, unzensiert und down to earth über Nichtigkeiten und Wichtigkeiten.

Ein polarisierender Trailer stellt im Laufe der Sendung einen jeden Gast vor: gut recherchiert aber teilweise grenzwertig zum guten Geschmack, als Klamauk betitelt. Aber sie erzeugen zusammen mit dem Studio, der Musik, den Requisieten, der Beleuchtung, schlicht dem kompletten Erscheinungsbild ein aufwendig produziertes Gesamtbild ab, das in sich stimmig ist.

Während sich Charlotte Roche mit viel Feingefühl durch die Gespräche bewegt, ist der mir noch unbekannte Co-Moderator Jan Böhmermann eher die Axt im Walde und macht im Schlussgespräch mit Britt kaputt was kaputt zu machen geht. Auch wenn seine Kritik am TV Format „Schwer verliebt“ Berechtigung verdient (ARD deckt auf). Das was ihn als Moderator ausmacht, seine ungeschliffene polternde Art, ist im Sinne der Sendung nicht verkehrt. Sidos Schlusswort zu ihm: „Isch find’ disch geisteskrank, du hast ne richtige Macke Alter“, ist inhaltlich auf den Punkt. Soll heißen dass ein bisschen weniger davon – die Despoten-Schraube des Jan etwas zurückgedreht – und das Ding wäre nahezu perfekt geworden.

Man trinkt 12 Jahre alten japanischen Whisky mit und ohne Eis, dürfte rauchen, ein Zensierknopf in der Mitte des Tisches, der einen Piepton auf den Master Audioausgang legt, eine große ovale Lampe über dem runden Konferenztisch, ein Publikum das im Dunkel des Studios auf Stühlen sitzend verschwindet. Viele, nein etliche gute Ideen, im Detail ausgearbeitet, stimmig. Sie werten die Sendung zu einem wertvollen Kulturbeitrag auf. Hut ab.

Ich bin gespannt auf die zweite Sendung, ob sich abschleift was abzuschleifen ist, ob das Niveau sinkt oder fällt, ob der Arbeitsaufwand für die Details die gleiche Güte bewahrt.

…für mich auch der erste Schritt in die ZDF Mediathek, nach dem ich die ARD Mediathek bereits schätzen gelernt habe.

Seconds of beauty

Sekunden der Schönheit. So wie in American Beauty das Spiel einer Plastiktüte im Wind dem Schauenden in Erinnerung bleibt, weil die Schönheit dem Vorbeigehenden verborgen bleibt, dem Ahnungsvollen aber als Offenbarung erscheint, so ist auch der Kurzfilmcontest „Seconds of beauty“ an Aufnahmen interessiert, die erstens nicht länger als eine Sekunde dauern und zweitens einen schönen, wenn nicht sogar den schönsten Moment der Welt zeigen. Als Pate der Aktion steht kein geringerer als Wim Wenders, obwohl ich mit „kein geringerer“ eher die landläufige Meinung wiedergebe.

Ein emotional starkes Projekt, von dem ich gerne mehr sehen möchte. Leider ist die Website so transferhungrig, dass ich lieber bei Vimeo die Zusammenschnitte gucke.

Black Swan – Ein Resümee

024/365 - The All Day Everyday Project
Poster von Hannes Beer

Ein wenig verspätet:
Black Swan war ein ziemlich abgedreht, heftiger Film. Geschaut im Original mit UT in dem kleinen Kino Central am Hackeschen Markt. Analoge Filmtechnik, Projektionsobjektiv mit sichtbarer Vignettierung, tiefe Sessel und ein kleiner Zuschauerraum ließen die richtige Atmosphäre für den Film mit einer stets wandelbaren Natalie Portman aufkommen.

In dem einen Moment dachte ich sie sieht aus wie Julia Roberts, im nächsten wie Angelina Jolie und dann doch wieder, ungeahnt schön, wie Natalie Portman. Die Szene in der sie das Finale, den Selbstmord des weißen Schwanes spielt war so eine, wo alles darauf abzielte, sie schön aussehen zu lassen. Doch dazu an anderer Stelle mehr.

Es geht um die wohl behütete, sogar stets bemutterte Tänzerin Nina (N.P.). Zuhause lebend, allein mit ihrer Mutter, im eigenen Zimmer umgeben von Kuscheltieren, aber schon kein Teenager mehr. Ehrgeizig, dem Perfektionismus verfallen, balletiert sie sich ihre Karriere. Immer in freundschaftlich, abhängiger Verbindung zu ihrer Mutter, eine Ex-Ballerina, die mit 28 ihren Job aufgab, für ihre Tochter. Ehrgeiz von allen Seiten.

Es ist so weit. Eine Stufe höher kann Nina klettern. Schwanensee. Die Stelle für die Schwanenprinzessin soll ihr gehören. Sie will. Crux an der Rolle: Schwarzer und weißer Schwan in ein und der selben Person. Gutes und Schlechtes getanzt und gespielt von nur einer Ballerina.

Ninas Lebensführung prädestiniert selbige für die Rolle des weißen Schwanes. Doch das reicht nicht für die ganze Rolle. Für den schwarzen hat sie nicht den Ausdruck, weil zu wenig Erfahrung auf dem Gebiet der Unartigkeit. Time fi learn.

Ihr Alter Ego, Lilly, taucht auf und zieht das unerfahrene Geschöpf in die Welt aus Drogen, Sex und Rock’n’Roll. Ja, Lilly ist real. Eine Tänzerin im Ballett mit dem Freigeist, der wie geschaffen ist für die Rolle des schwarzen Schwanes. Nina greift zögerlich zu, verbringt den Abend mit punky Lilly und hat die wildeste Nacht ihres Lebens.

Die Mutter erkennt sie nicht mehr wieder, die Kuscheltiere fliegen in den Müllschlucker, Nina will ausziehen. Wilde Sexfantasien und andere Halluzinationen lassen Nina und den längst im kuscheligen Kinosessel versunkenen Zuschauer erzittern. Bald mystisch, bald krimialistisch, körpernah und von klassisch schöner Musik untermalt, schwenkt die Kamera, immer wieder in Spiegel guckend durch den Film. Alles wird zur unklaren Ballung aus Fiktion und Realität.

Das Leben des einst guten Mädchen wird ganz durcheinander gebracht, von den Anforderungen, die diese neue Rolle, die schwarze, an sie stellt. Sie muss aufgeben, was sie erreicht hat: Kontrolle, perfekte Körperbeherrschung. Sie hat zu tauschen mit Verlust, Verführung und Trennung.

Nicht mehr wissend wo oben und unten ist, erleben wir eine Verwandlung der Protagonistin hautnah mit. Ein Leben wie man es sich vorstellen kann, erzählt wie ein modernes Märchen.

Frauen, und nicht nur Frauen, stehen unter Druck etwas zu werden, damals wie heute. Jeder von uns hat sowohl das Gute wie auch das Schlechte in sich. Prinzen stehen auf das Gute, wie im modernen Märchen Black Swan. Aber sie wollen auch das böse Mädchen.

True Grit

truegrit

Ich komme gerade aus True Grit. Ohne Trailer, blind reingegangen. Ich wurde nicht enttäuscht, aber auch nicht vom Hocker gehauen. Ich will den Coen Brüdern keine Faulheit unterstellen, aber der Film kommt doch mit sehr wenigen Mitteln aus. Im Vordergrund steht die Geschichte. Bravourös erzählt. Sauber, poetisch, edel. Gespielt von drei Hauptdarstellern. Jeff Bridges als einäugiger Sheriffdude, Matt Damon als versonbbter Texasranger und Hailee Steinfeld als 14 Jährige, unbeirrbare Rächerin. Sie will den fliehenden Mörder ihres Vaters finden und bestrafen. Und weil von den Gesetzeshütern kein großer Bedarf an einer Verfolgung besteht, heuert sie den Marshall Rooster Cogburn (J. Bridges) an, der Einäugige. Da er mit seinem Leben nicht mehr viel anfängt, geht er gegen Bezahlung auf die Forderungen des jungen Mädchens ein und zeigt sein Können im Schießen, Saufen und Reden. Am Anfang noch ein schroffer, undurchsichtiger Mann aber schon bald durch viele komische Situation sich selbst karikierend. Der Texas Ranger LaBeuf (M. Damon) will ebenfalls den Mörder, welcher übrigens Tom Chaney genannt und von Josh Brolin gespielt wird, da er sich eines Verbrechens in New Texas an einem Minister schuldig gemacht hat. Der Texasranger glänzt mit Schein statt sein, viel Stolz, väterlich überzogener Strenge und einem missgünstigen Schicksal.

Im Wortgefecht vereint reiten die junge Mattie Ross, der Marshall und der Ranger los Chaney zu schnappen. Aber es wird bald mehr als nur die Jagd nach dieser einen Person. Und da kommt die große Qualität des Filmes zum Tragen. Munter und mit lockeren Strichen skizziert der Film mit Bildern, neuen Wendungen und viel Witz eine ständig sich verändernde Situation. Alles gehört zusammen. Aber es sind der Puzzleteile viele. Und nichts wird einem geschenkt, was die Grundaussage des Filmes darstellt, wie es die Autoren selber verlauten lassen.

Intelligenz, Reduktion, Skizze, Witz, ein wenig brachiale Gewalt und Ironie sind die Spielarten aus denen der Film entsteht. Dass die großen Stars, hier Beschränkt auf Matt Damon, irgendwie durch das Drehbuch veralbert werden, glaube ich. War ich schon der Meinung, dass in Burn After Reading diese Form der Darstellung gefeiert wurde.

Noch ein Wort zur 14 jährigen Mattie, die, so jung sie auch sein mag, eine innere Stärke an den Tag legt und sich mit Unbeugsamkeit und starkem Willen zum geliebten Geschöpf der Männer und erfolgreich in ihrem Streben macht.

Auf dem Weg zum Kino unterhielt ich mich mit einem anderen Kinogast kurz über die Gewalt in den Coen Filmen, wie man sie in No Country for old Men „fürchten“ gelernt hat. Von der Kaltblütigkeit hat dieser Film auch etwas, aber längst nicht in der schonungslosen Offenbarung. Warum sie sich überhaupt zu dieser Darstellung hinreißen lassen? Ich denke es ist der normale Zeitgeist, dem sie sich unterwerfen. Hat doch ihre Interpretation von Gewalt eine andere Qualität als bei Rodrigez oder Tarantino. Man kann über sie hinwegsehen ohne fürchten zu müssen, dass dahinter nichts mehr kommt.

Mir hat der Film schon gefallen, ich wurde gut unterhalten, wirklich gut, aber ich wurde nicht emotional in den Sitz gedrückt und das hat mir gefehlt. Sehenswert ist er dennoch auf jeden Fall.