Eine Werbung auf die ich aufmerksam wurde. Doch vorher sah ich den neuen Spot von Crispin Porter + Bogusky, in dem das Microsoft 8 Tablet gegen das iPad verliert. Siri redet die ganze Zeit und sagt praktisch nichts anderes als „Sorry, das was Windows 8 kann, kann ich nicht.“
Doch dieser Spot hier ist auch nicht schlecht. Eine Abschlussparty der Highschoolabgänger findet am hauseigenen Pool mit jungen und alten Menschen statt. Mehre Vorteile des neuen Samsung werden wirksam in Szene gesetzt. Hauptsächlich weckt es den Neid derer, die ein iPhone oder ein viel älteres Smartphone haben. Es fängt mit einer kleinen Prise Ironie an. Der Absolvent kommt zum Grill, macht ein Foto und behauptet es riecht. Der Vater schnuppert am Samsung und glaubt tatsächlich daran. Die rationale Mutter kann nur den Kopf schütteln.
Dann haben wir einen Absolventen, der gleich in voller Montur mit einem Bauchklatscher in den Pool springen wird. Eines der herumsitzenden Mädchen fotografiert den Stunt. Cut. Die Spannung wird gehalten. Ein paar Featuredemonstrationen später: Siehe da, nicht 6 Fotos die man hintereinander guckt, sondern den Verlauf des Sprunges in einem einzigen Foto.
Nun sitz der Absolvent am Essentisch und ist überwältigt von den „Ribs“ des grillenden Vaters. Als nun ein Anruf kommt, hält er noch das fettige Stück Fleisch in der Hand. Ohne das Display berühren zu müssen, macht er zauberhafte Handbewegungen über selbigem und der Anrufer wird über den Lautsprecher hörbar. Der Vater ist erneut beeindruckt.
Aber das Beste kommt jetzt. Eine junge Frau macht ein Foto von einem älteren Ehepaar und einem Kumpel. Sie fragt ihn, ob er das Foto haben möchte. Sie halten die Rückseiten ihrer Samsung Telefone aneinander. Das Bild wird über die Berührung ausgetauscht. Geil, das will die Ehefrau auch machen. Hält ihr Smartphone hin. Doch das Jennifer Anniston Look-alike sagt nur „Sorry, deins kann das nicht.“ Logisch, war ja auch ein iPhone.
Nun meldet sich der Mann, der wie ein intelligenter Professor aussieht und bemerkt, dass es Smartphones gibt, die smarter sind als andere. Guter Seitenhieb an der richtigen Stelle.
Was mir nicht klar wurde ist die Sache mit der Nachricht lesen, in dem man den Finger über das Display hält. Was tat sie genau? Die Sequenz ist zu lange, das scheint mir unlogisch. Sie ruft zwar die Nachricht ohne Berühren auf, hält aber den Finger so lange, als ob sie noch irgend etwas machen würde, oder das Gerät einfach nur extrem langsam reagiert. Wobei man wohl beides ausschließen kann.
Auch das TV Ding ist nicht gerade der Brüller. Der ganze Schluss lahmt ein bisschen. Da hat man zu viel zu zeigen gewollt. Aber insgesamt hat der Film eine Art am Leibe, die kaufanregent wirkt, weil die Welt so perfekt zu sein scheint, in der es seine Käufer findet.
EMMA! Ein Auslaufmodell. Setzt sie wirklich auf Papier? Die Zukunft ist doch digital. Die papierlose Gesellschaft. Wo die Zeitungsverlage berechtigte Zweifel haben, sind die Toilettenpapierhersteller sich sicher. Unser Papier hat eine Zukunft, eine große. Da kann auch das iPad nicht gegen anstinken.
Es ist wieder Superbowl gewesen, ein Hoch der meist kreativen Werbespots, entwickelt für die Zuschauer des sportlichen Großereignisses in den USA.
Einer sprach mich besonders an, weil er gute Unterhaltung war. Es geht in dem kurzen Spot darum, welcher Teil bei Oreo Keks der Bessere sei. Die Werbung spielt kurioserweise in einer Bibliothek, wahrscheinlich ein Indiz für die Zielgruppe, gerne auch Target Group genannt. Vielleicht aber auch nur ein Setting, dass den Witz erst witzig macht. Denn wie es in Bibliotheken Gang und Gäbe ist: es wird sich ruhig verhalten. Doch die Ruhe beschränkt sich darauf leise zu sprechen. Schwierig bei so einer diffizilen Frage wie: „Was ist der bessere Teil beim Oreo Keks? Der Keks oder die Cremefüllung?“ Es entwickelt sich ein Meinungsverschiedenheit zwischen den Anwesenden in der Bibliothek, von den Ausmaßen eines Flächenbrandes.
Die beiden jungen studierten Herren beginnen den Streit am Tisch, flüsternd natürlich. Es eskaliert schnell, sehr schnell. Einer von ihnen stürzt den Tisch um. Eben jener, ein Keksanhänger, bekommt von hinten einen Stuhl auf seinen Rück von einer jungen Dame geschlagen, die sich auf die Seite der Cremelover stellt. Nun stürzt der Nächste, wieder ein Kekslover, ein Bücherregal um, andere stürzen mit.
Der Kampf zwischen den Parteien wirkt schnell herrlich inszeniert, was das Amüsement bei mir nur steigert. Es wird immer nur abwechselnd geflüstert „Creme!“ „Cookie!“. Wie in einem schlechten Film stürzen sich zwei Männer im Kampf durch die Ballustrade im ersten Stock und fallen zu Boden. Es bricht Feuer aus. Die Feuerwehrmänner flüstern „Fire!“ und spritzen Wasser auf einen Menschen auf der Treppe, statt das Feuer zu löschen. Geistesgegenwärtig flüstert die Empfangsdame, dass sie die Polizei ruft. Kurioserweise fahren die Polizisten mit ihrem Polizeiauto ein Loch in die Wand und flüstern in das Megaphon.
Ich finde es einfach lustig, wie schnell sich der Spot entwickelt, wie schnell aus der kleinen Meinungsverschiedenheit um einen Oreo Keks eine große Massenkeilerei wird, alles in der Umgebung einer Bibliothek, wo nur geflüstert werden darf. Die keine Gags entwickeln den Plot und halten die Spannung.
Am Ende stellt sich mir wieder die Frage, ob Humor verkauft. Vielleicht verkauft er, wenn man weiß, dass alle Bekannten den Spot gesehen haben. Weil der Spot verbindet und man darüber redet, während man genüsslich Oreo Kekse knabbert. Er lädt die Marke für die Community emotional auf, baut ein junges, verrücktes Image ein und führt die Oreolover beider Lager, die Keks- und die Cremeanhänger, zusammen.
Ich finde die Werbung aus dem Hause Wieden + Kennedy fast perfekt. Der Film spielt bei Sonnenuntergang auf einer langen Landstraße, der man die Landstraße ansieht. Die Kamera ist anfänglich auf Bodenhöhe und bewegt sich langsam rückwärts, vorbei an alten Briefkästen. Wir hören laut die Atmosphäre, bestehend aus Grillen und man meint entfernt eine Schnellstraße zu hören. Am Horizont der Straße sieht man einen Jungen laufen, klein und ungelenk. Jeder Schritt klingt wie ein schlürfendes Ticken. Dann fängt die Stimme an zu erklären, für uns zu denken. Klingt wie ein Trainer, sportlich, etwas englisch. Er redet über Größe, dass wir, die Menschen, etwas falsches unter Größe verstehen. Er behauptet, dass wir unter Größe etwas verstehen, dass nur wenigen vorbehalten sei. Dass Größe, also wahre Größe, ein besonderes Geschenk ist, das nur die Anderen haben, die wir als Berühmtheiten kennen. Wie er so redet kommt der Junge immer näher. Völlig unsportlich holt er die Kamera ein. Ein beeindruckender Effekt. Wir sehen durch das durchsichtige Shirt seinen massigen Körper, der allen Werbefiguren widerspricht. Die Kamera erhebt sich auf Brusthöhe. Der Mann aus dem Off, der gerade über die Größe spricht, die jemdem von uns inne wohnt, findet in dem Jungen sein Vorzeigemodell. Ganz nach dem Nike Motto “Do it yourself” macht er, der Junge, es einfach. Er beweist wie viel in ihm steckt, er hat sich auf den Weg gemacht sein Ziel zu erreichen, strebt wieder das gesunde Durchschnittsmaß an, ändert seine Ernährung, bejaht das Leben, in dem er es selbst in die Hand nimmt.
Der Junge ist schon eine beeindruckende Figur, der viel angedichtet wird. Wir sehen ihn in seinem ganz privaten Moment, auf seinem Weg, dem monotonen Weg, auf dem die Willenskraft sekündlich aufs Spiel gesetzt wird. Er läuft, keineswegs perfekt, aber er hat angefangen. Das motiviert, das ist wahre Größe.
Weil die emotionale Wirkung nicht verfehlt wird, finde ich die Kampagne gut. Und Wieden + Kennedy beweisen, wie wenig es braucht für gute Werbung.
Etwas, ganz am Schluss, trübt das Mienenspiel des Jungen meinen positiven Gesamteindruck. Ich weiß nicht ob es mich stört, weil ich das Haar in der Suppe suche oder weil es mir so unnatürlich vorkommt.
Früher war nicht alles besser. Diese Werbung gibt Zeugnis davon. Bei der Nagelpflege: Eine junge Frau, brav bis bieder in Kleidung und Frisur, kommt fröhlich, nach ihrer Pflegerin Tilli greifend, in den Laden. An der Berührung erkennt die geschulte Kosmetikerin, dass sich die Hände des Pflegefalles anders anfühlen als sonst. Sie fragt mit überzeugender Altstimme ob die junge Frau woanders zur Kosmetik war, ob sie fremdging. Natürlich ist das unschuldige Wesen nicht fremdgegangen. Um jeden Verdacht zu entkräften, lenkt sie das Gespräch auf das von ihr verwendete Spülmittel.
Die Kostmetikerin kommt in Fahrt. Sie ahnt schon, dass kein natürliches, hautpflegendes Protein im Spülmittel war. Das kann die junge Frau nur schuldbewusst zugeben. Denn nur Palmolive schont beim Spülen. Selbst hier im Ladengeschäft pflegt man die Hände anspruchsvoller Kunden mit Palmolive.
Ich finde witzig, dass die Kundin schon im Gespräch ihre Finger in der grünen Schmiere hat. Oh ja, das pflegt ja toll. Aber nicht die Patscherhändchen rausnehmen. Die Kosmetikerin kennt ihre Pappenheimer und stukt wohlmeinend tätschelnd die Hand zurück in das Spülmittel.
Es folgt die Information, dass all die pflegenden Eigenschaften längst bewiesen sind, was auch die Grafik auf der Rückseite der Flasche verdeutlicht.
Die junge Kundin kommt nun ein paar Tage später zurück in den Laden und begrüßt Tilli damit, dass ihre Hände nun wieder schön und zart sind. Das haut Tilli aber längst nicht vom Hocker. Man hört ihre Altersweisheit heraus, wenn sie wieder sagt, dass Fremdgehen sich nicht lohne. Aber die Proteine im Palmolive – die lohnen sich.
Werbung sollte so nicht sein. „The consumer is not a moron, she is your wife.“ (David Ogilvy, 1983). Dieses Zitat kann man hier wörtlich nehmen. Die Kundin soll nicht wie ein Idiot gehandelt werden, sondern wie deine eigene Frau. Die junge Kundin aber, wird hier naiv und unsicher dargestellt. Die Darstellung ist gegen Ogilvys Rat. Die Rolle ist die eines netten Dummchens.
Gelenkt von der altklugen Tilli sucht sie einen Weg anerkannt zu sein. Die Werbung suggeriert, dass Palmolive vor allem eins macht – pflegen. Benutzt du es nicht, bist du als unmoralische/r Fremdgänger/in verschrien. Benutzt du es, wirst du das Ansehen bei den Profis ernten. Einen Hauch von Presige umweht das Spülmittel, hebt es von der grauen Konkurrenz ab, stellt die anderen Mittel in den Schatten. Palmolive kümmert sich um ihre Kunden, darum verbessern sie ihre Produkte, es spült + pflegt. Die Produktentwicklung wurde nur zum Geld machen verwendet. Das Produkt ist scheinbar aufgewertet und damit Klassenbester. Die unterschwellige Botschaft fand ihren Weg. Heute wohl nicht mehr. Die Kunden heute lassen sich nicht mehr so leicht „für dumm verkaufen“. Oder?
Verrückte da draußen. Ogilvy zeigt, dass sie werbewirksame Ideen haben. Ein neuer Slogan, eine neue Farbigkeit und Optik, ein neuer Jingle, eine neue Werbeidee. Jugendliche, Soap-Format, Nerds und modern people. In den 9 Clips der verrückten WG wurde mit viel Aufwand eine Welt aus Hightech, Life-Style, Technik-Chic und Must-Have-Gadgets entworfen. Darin die jungen Verrückten.
Im Mittelpunkt jeder Sendung steht natürlich die mannigfaltige Technik des visionären Technikladens Media Markt. Computeranimiert aber realistisch umgesetzt bewegt, dreht und verwandelt sich jeder Raum, entpuppt sich als Hort und Schatzkammer, in dem Controller, Handys und Gadgets sprießen.
Der Clip „Liebesoase“ ist gar nicht schlecht. Das unschuldige Rehlein bittet den Nerd in seiner Höhle, ob er ihr nicht beim Smartphone helfen könne. Jaja, diese Smartphones sind ziemlich einfach zu bedienen, aber was funktioniert schon problemlos? Er begreift die Situation und besorgt Kaffee für die nahende Sprechstunde. Vom Fernsehgerät angezogen, drückt sie auf einer herumliegenden Fernbedienung die Tasten. Just verwandelt sich die Höhle in eine Liebesoase, die von einem Meister des Faches erdacht worden sein muss. Gedämpftes rotes Licht, ein Herz aus LEDs, Kaminfeuer auf dem Fernseher, schwingende Membranen der Lautsprecher, ein Kühlschrank eröffnet sich der Besucherin. Geplättet sitzt sie auf dem sich drehenden Bett, als der Nerd in der Tür erscheint. Dem Commedysoapformat geschuldet gebäredt er sich mit Knurren und Tatzenwink als Tiger, was für einen Lachereinspieler sorgt. Höhepunkt der Ironie ist das abrupte Stehenbleiben des Bettes und die damit einhergehende Verwackelung der Blonden.
Ich glaube dass die Werbung ihre Wirkung nicht verfehlen wird. Das macht sie für mich gut. Würde ich sie allen Ernstes betrachten, würde mich das dumpfe Niveau, die schlechten Witze und die Abgehobenheit der Menschen stören.
Der Spot fängt die Stimmung vom Draußensein gut in Bildern ein. Einfach, nicht hochtrabend, Schöffel eben. Der Text besteht aus dem langen unverständlichen Teil der Zivilisations-Business-Krankheiten, den man besser zwei mal hört, bis jedes Wort entschlüsselt ist, und dem Abbinder: „Macht erst mal ohne mich weiter“. Eine schöne Auflösung, die das Gefühl erzeugt, endlich raus zu sein – ganz den Bildern entsprechend. Der Spot überzeugt und macht Lust auf Alleinsein in der Natur. Ob ich mein Abenteuer mit Schöffel bestreiten würde, steht auf einem anderen Blatt.