Black Swan – Ein Resümee

024/365 - The All Day Everyday Project
Poster von Hannes Beer

Ein wenig verspätet:
Black Swan war ein ziemlich abgedreht, heftiger Film. Geschaut im Original mit UT in dem kleinen Kino Central am Hackeschen Markt. Analoge Filmtechnik, Projektionsobjektiv mit sichtbarer Vignettierung, tiefe Sessel und ein kleiner Zuschauerraum ließen die richtige Atmosphäre für den Film mit einer stets wandelbaren Natalie Portman aufkommen.

In dem einen Moment dachte ich sie sieht aus wie Julia Roberts, im nächsten wie Angelina Jolie und dann doch wieder, ungeahnt schön, wie Natalie Portman. Die Szene in der sie das Finale, den Selbstmord des weißen Schwanes spielt war so eine, wo alles darauf abzielte, sie schön aussehen zu lassen. Doch dazu an anderer Stelle mehr.

Es geht um die wohl behütete, sogar stets bemutterte Tänzerin Nina (N.P.). Zuhause lebend, allein mit ihrer Mutter, im eigenen Zimmer umgeben von Kuscheltieren, aber schon kein Teenager mehr. Ehrgeizig, dem Perfektionismus verfallen, balletiert sie sich ihre Karriere. Immer in freundschaftlich, abhängiger Verbindung zu ihrer Mutter, eine Ex-Ballerina, die mit 28 ihren Job aufgab, für ihre Tochter. Ehrgeiz von allen Seiten.

Es ist so weit. Eine Stufe höher kann Nina klettern. Schwanensee. Die Stelle für die Schwanenprinzessin soll ihr gehören. Sie will. Crux an der Rolle: Schwarzer und weißer Schwan in ein und der selben Person. Gutes und Schlechtes getanzt und gespielt von nur einer Ballerina.

Ninas Lebensführung prädestiniert selbige für die Rolle des weißen Schwanes. Doch das reicht nicht für die ganze Rolle. Für den schwarzen hat sie nicht den Ausdruck, weil zu wenig Erfahrung auf dem Gebiet der Unartigkeit. Time fi learn.

Ihr Alter Ego, Lilly, taucht auf und zieht das unerfahrene Geschöpf in die Welt aus Drogen, Sex und Rock’n’Roll. Ja, Lilly ist real. Eine Tänzerin im Ballett mit dem Freigeist, der wie geschaffen ist für die Rolle des schwarzen Schwanes. Nina greift zögerlich zu, verbringt den Abend mit punky Lilly und hat die wildeste Nacht ihres Lebens.

Die Mutter erkennt sie nicht mehr wieder, die Kuscheltiere fliegen in den Müllschlucker, Nina will ausziehen. Wilde Sexfantasien und andere Halluzinationen lassen Nina und den längst im kuscheligen Kinosessel versunkenen Zuschauer erzittern. Bald mystisch, bald krimialistisch, körpernah und von klassisch schöner Musik untermalt, schwenkt die Kamera, immer wieder in Spiegel guckend durch den Film. Alles wird zur unklaren Ballung aus Fiktion und Realität.

Das Leben des einst guten Mädchen wird ganz durcheinander gebracht, von den Anforderungen, die diese neue Rolle, die schwarze, an sie stellt. Sie muss aufgeben, was sie erreicht hat: Kontrolle, perfekte Körperbeherrschung. Sie hat zu tauschen mit Verlust, Verführung und Trennung.

Nicht mehr wissend wo oben und unten ist, erleben wir eine Verwandlung der Protagonistin hautnah mit. Ein Leben wie man es sich vorstellen kann, erzählt wie ein modernes Märchen.

Frauen, und nicht nur Frauen, stehen unter Druck etwas zu werden, damals wie heute. Jeder von uns hat sowohl das Gute wie auch das Schlechte in sich. Prinzen stehen auf das Gute, wie im modernen Märchen Black Swan. Aber sie wollen auch das böse Mädchen.